Unheilige Macht

Herzlich willkommen

Diese Internetseite wurde im November 2012 als interaktiver Blog eingerichtet und nun in eine Webseite umgewandelt. Die Auseinandersetzungen der letzten fünf Monate sind weiter nachzulesen. Dieser Schritt hat Enttäuschungen ausgelöst. So will ich nochmals ein Antwortfenster öffnen. mehr

Als Mitherausgeber des Buches „Unheilige Macht – Der Jesuitenorden und die Missbrauchskrise“ wünschte ich mir eine Plattform, auf der über diesen Versuch von uns Jesuiten gesprochen werden kann, uns der offenen Wunde in unserer Geschichte zu nähern. Besonders in Bonn gab es viele Vorbehalte gegen die Veröffentlichung, weil die Rechtfertigung eigenen Verhaltens befürchtet wurde. Schnell wurde aber klar, Schönfärberei war nicht gewollt.

Ein deutliches Zeichen war sofort sichtbar, alle Beiträge auf dem Blog beziehen sich auf die Situation am Aloisiuskolleg in Bad Godesberg. Der sexuelle Missbrauch hatte dort eine lange Geschichte. Viele Opfer wurden fotografiert. Diese Fotos an den Wänden des Internats hatten viele gesehen. So gab es viele Mitwissende im Orden, bei den Eltern und in der Stadt. Gleichzeitig waren die „Täter“ angesehene Personen in Bonn.

Die Betroffenen in Bonn-Bad Godesberg suchten vergeblich das Gespräch mit den damals Verantwortlichen. Im Hintergrund des Blogs konnte ein Briefwechsel über 100 Fragen angeregt werden zwischen der Opfergruppe Eckiger Tisch und dem Provinzial. Der Briefwechsel löste einige Widerstände aus. Die Auseinandersetzung ist nicht abgeschlossen; die Briefe sollen auf dem Blog noch nicht dokumentiert werden.

Die vertraulichen Gespräche über Einzelfragen mit dem Rektor des Aloisiuskollegs verliefen recht still einvernehmlich. Sie wurden aber nicht verschriftlicht.

Außerdem wurden über den Blog einzelne Begegnungen angestoßen.

Das mühsame gegenseitige Wahrnehmen geht weiter. Schmerzpunkte sind benannt. Der Eckige Tisch sucht das Gespräch mit den Verantwortlichen. Die nächsten Schritte sind benannt.

Eine zweite Opfergruppe entschied sich für den gerichtlichen Weg. Viele Abwägungen sind auf dem Blog sichtbar geworden. Nicht überraschend kamen aber diese Gespräche jeweils schnell an ein Ende oder landeten vor Gericht. Die Leerstellen auf dem Blog nahmen zu. Für eine solche Auseinandersetzung ist das Medium Blog wohl nicht geeignet oder es müssten geschützte Räume für juristische Fragen, für den Austausch von Betroffenen, usw. eingerichtet werden. Diese an sich sinnvolle Umstrukturierung habe ich verweigert, weil ich als Jesuit die notwendigen Zulassungskriterien nicht konsequent kontrollieren wollte, die zum Schutz der sich öffnenden Personen nötig sind. Schon so war ich oft dem unwahren Vorwurf ausgesetzt, ich würde die mir nicht genehmen Meinungen im Blog löschen.

Unterdessen wurden andere und ich auch mehrfach in gerichtlich vorgebrachte Vorwürfe verwickelt, durch die mir Meinungsäußerungen und gewisse Tatsachenbehauptungen versagt wurden. Nie hatte ich die Absicht Ehrenrühriges zu verbreiten, was mir aber vorgeworfen wird.

In dieser konfliktreichen Zeit träumte ich davon, dass Leute vom Eckigen Tisch eine Vertrauensperson finden, die einen Blog mit strengen Kriterien einrichtet. Dieser Schritt war aber von ihrer Seite aus nicht sinnvoll.

Über die vielen Beiträge auf dem Blog, per Mail oder im direkten Gespräch habe ich mich gefreut, egal ob ich die vorgebrachten Meinungen teile oder nicht. Ich danke allen Engagierten hiermit ausdrücklich. Das gilt auch für die Menschen, die hinter einem Kunstnamen vielleicht das eine oder andere Mal eher einen Versuchsballon steigen ließen und sich nicht öffentlich zu der vorgebrachten Meinung stellen mochten.
Mir ist es wichtig, mein Gesicht zu zeigen. Anderen ist dies auf Grund ihrer Umwelt nicht möglich. Dieses auferlegte Schweigen schmerzt. Auch meinen Mitbrüdern, die sich an der Diskussion auf dem Blog beteiligten und oft auch den direkten Kontakt mit Betroffenen suchten, danke ich ausdrücklich. Über diese Unterstützung habe ich mich sehr gefreut.

In der Osterwoche 2013 auf einem großen Treffen der Jesuiten aus Deutschland, Dänemark und Schweden wurde das Thema sexueller Missbrauch Minderjähriger in Anwesenheit des Generaloberen Adolfo Nicolás aus Rom mit einem breiteren Erfahrungshintergrund angesprochen. Die Diskussion auf dem Blog befruchtete den Austausch. Etwa 170 Mitbrüder waren anwesend. Drei von uns hatten sich auf diese Situation vorbereitet. Bei ihrem Beiträgen war der Schmerz zu spüren, der beim Lesen der 100 Fragen oder der in vielen Gesprächen im Zusammenhang mit dem Bintig-Bericht aufkam. Auch in anderen Arbeitsfeldern tauchen ähnliche Machtstrukturen auf, die nichts Gutes ahnen lassen. Sie wurden mit dem Thema hier in Verbindung gebracht. Dann ging der offene Erfahrungsaustausch aller Anwesenden weiter. Ein ehemaligen Provinzial hatte sich im Januar darauf vorbereitet Mitglieder des Eckigen Tisches zu treffen. Aber er musste trotz seines guten Willens umkehren. Die Zeit war noch nicht reif. Diese schmerzhafte Erfahrung machen nicht nur Opfer, wenn sie auf andere zugehen und sprechen wollen sondern auch andere erst einmal ins erschrockene Schweigen Zurückgezogene.

Niemand sprach distanziert über den notwendigen Weg, den Opfern der Verbrechen an Minderjährigen zu zuhören, nach Konsequenzen zu suchen und im Austausch zu bleiben, bis in der verletzten Beziehung Frieden einkehrt. Die Enttäuschung über die häufig nur kleinen Schritte, die möglich erscheinen, und der lange Atem, der nötig ist, war für mich auch zu spüren.

Im Durchschnitt ist in einer solchen Versammlung von Männern damit zu rechnen, dass 25 von ihnen selbst Opfer von sexuellen Missbrauch sind (bei Frauen wären es wohl 45). Sie werden oft übersehen. Dabei ist ihre Stimme so wichtig, um nicht in ein schwarz-weiß-Denken zu verfallen. Gerade steht in einer Untersuchung der Europäischen Union, dass in Europa mindestens jeder fünfte Einwohner in der Jugend sexuell mißbraucht wurde. Im Durchschnitt jechnen sie bei jedem Opfer mit zwei Mitwissenden.

Am nächsten Tag ging P. Adolfo Nicolás auf viele Aussagen von uns ein und bestätigte deutlich den begonnenen Weg und ermutigte die Anwesenden weiter zu gehen.

Später sagte einer bei der Abschlussreflexion, dass er mit dem Unmut gekommen sei, dass wieder dieses Thema dran war; aber jetzt weiß er, dass es so gut ist.

Wir stehen weiter am Anfang der Aufarbeitung, aber jetzt sind wir Jesuiten hoffentlich wieder einen Schritt weiter gegangen. Die Freude war zu spüren, dass wir mit einem Fuß – auch durch das Zuhören von P. Adolfo Nicolás – in der Wirklichkeit angekommen sind. Dieser Prozess soll weiter gehen und auch auf jene überspringen, die noch zögern oder zuhause geblieben sind.

Das Schließen der Eingabefenster auf dem Blog soll kein gegenteiliges Zeichen sein sondern den Weg frei machen, mit breiter Beteiligung dieses große gesellschaftliche Thema anzupacken. Welche Mittel angemessen sind wird sich hoffentlich zeigen.

Christian Herwartz

Ich will ausdrücklich auf die Seite des Eckigen Tisches verweisen, wo weiter ein Kontakt mit den offenen Fragen in Bonn-Bad Godesberg möglich ist. Auch die weiteren Links auf der dieser Seite sind eine Chance an den Fragen dran zu bleiben. Auch ich will weiter aufmerksam sein und den einen oder anderen Artikel neu einstellen.

Das Engagement in andern Feldern will ich nicht vernachlässigen:
Menschen die im Flughafenverfahren oder in der Abschiebehaft festhängen,
Menschen, die in den
Exerzitien auf der Straße eine Reinigung ihrer inneren Ausrichtung suchen,
Menschen die mit Mitbürgern aus andern Religionen und Weltanschauungen zusammen beten wollen.

……………………….

unheiligemacht

Im Mittelpunkt dieses Blogs steht das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von anvertrauten Kindern in den von Jesuiten verantworteten Institutionen und das Verdecken dieser Verbrechen. Es sollen alle von diesen Verbrechen betroffene zu Wort kommen: Opfer, Mitwisser, Jesuiten und alle, die zu diesem Thema etwas beitragen oder zu dem Buch Unheilige Macht Stellung nehmen wollen.

Die Verbrechen haben eine tiefe Furche des Unrechts gezogen, in der sich neues Unrecht sammelt. Dazu gehört die Behinderung des Nachfragens, also vor allem das Schweigen der Mitwisser.
(Viele Täter sind gestorben oder leben nicht mehr in der Gemeinschaft der Jesuiten.)

Ich habe bisher aus der Diskussion besonders gelernt, dass die Wahrheit, der ich mich nähern möchte, nicht etwas Starres ist, die man auf einem Stein eingemeißelt werden kann, sondern sie ist etwas Lebendiges, immer neu zu Entdeckendes. Sie ist ein Weg, der Schritt für Schritt gegangen wird. Jeder Schritt braucht die Hoffnung auf das Ziel. In jeden ehrlichen Schritt dorthin, der dem Schmerz der Verwundung nicht ausweicht, können wir Heilung und Vergebung erleben. Ich habe hier Freunde neu entdeckt. Danke.

Statistik: Am 7.1.13 wurde dieser Blog (verkehrsreichster Tag) 1667 Mal von 120 Besuchern, am 10.1.13 1116 Mal von 153 Besuchern aufgerufen.
Am 11.1.13 besuchten nur 103 Besucher den Blog, riefen 496 Seiten auf und gaben nur einen Kommentar ab. Am 14.1. waren es noch 71 Besucher, die 321 Seiten aufriefen und keinen Kommentar schrieben. Dann stieg das Interesse wieder an: 1.2. 153 Besucher mit 791 Aufrufen. Am 13. 3. war ein besonderer Tag: 346 Besucher mit 542 gezielten Aufrufen.

Das Buch Unheilige Macht – Der Jesuitenorden und die Missbrauchskrise wurde in den ersten zwei Monaten nach Erscheinen über 900 Mal verkauft.

Aus der alten Einladungsseite (bis zum 11.1.13)

In der Mitte des Jesuitenordens sind Verbrechen an anvertrauten Kindern und Jugendlichen begangen worden. Manche haben es gesehen und weg geschaut.
2010 meldeten sich Opfer dieses Machtmissbrauches und die Verantwortlichen hörten ihnen endlich zu.
Im Laufe der letzten drei Jahre sahen wenigstens einige von uns mit Erschrecken die Folgen dieser Verbrechen. Sie suchten nach den Ursachen und fragten nach den sie fördernden Strukturen? Welche offenen Fragen müssen wir weiter verfolgen?
Einige Reflexionen sind im Buch festgehalten. Daran wollen wir die Leser und Leserinnen teilhaben lassen. Der Prozess des Hinsehens mitten in der Gemeinschaft, in der Täter und Opfer zusammen leben, geht weiter.

Wir freuen uns über Kritik und Ermutigungen. Nutzen Sie bitte den Blog, damit der Suchprozess weitergeht, der mit Unterstützung der Presse begann. Seit einiger Zeit ist es um diesen andauernden Skandal still geworden.  Wir wissen von vielen Frauen (etwa jede dritte oder vierte) und Männern (etwa jeder siebte) in Deutschland, die tiefgreifende sexuelle Verletzungen in ihrer Kindheit erlitten und deren Leben dauerhaft beschädigt ist. Dieser Wirklichkeit wollen wir uns stellen, für unsere Schuld in der Wolke des Verbrechens einstehen und auf einen Weg der Versöhnung hoffen.
Christian Herwartz

Stuttgart, 29. November 2012
Verlagsmitteilung
Welche Fakten hat die Aufklärung zu Tage gebracht? Welche Strukturen haben den Missbrauch, die Taubheit, das Vertuschen und das Schweigen begünstigt? Welche drängenden Fragen stellt der Skandal an den Orden, die Kirche und die Gesellschaft? Der Verlag W. Kohlhammer liefert heute den Sammelband »Unheilige Macht – Der Jesuitenorden und die Missbrauchs-krise« aus.
Immer wieder hatten sich in der Vergangenheit Opfer von sexueller Gewalt zu Wort gemeldet, auch in Einrichtungen des Jesuitenordens. Erst 2010 fanden sie Gehör bei den Verantwortlichen. Ein innerer Reflexionsprozess wurde in Gang gesetzt, der in dem heute erscheinenden Sammelband von Beteiligten und Beobachtern dokumentiert wurde und in Zukunft weiter vorangetrieben wird. Der Missbrauchsskandal im Jesuitenorden lässt sich nicht abarbeiten oder abschließen, schon gar nicht einseitig. So ziehen die deutschen Jesuiten mit »Unheilige Macht« eine Zwischenbilanz der Missbrauchskrise in ihren Reihen.
In den Beiträgen kommen verschiedene Perspektiven zu Wort: Opfer und Betroffene, verantwortliche Führungskräfte, Praktiker und Fachleute aus Psychologie, Philosophie und Theologie. Die Ergebnisse dieser Analysen sind weit über den kirchlichen Bereich hinaus relevant für Menschen, die pädagogische Verantwortung tragen.
Die Herausgeber: Prof. Dr. Godehard Brüntrup ist Philosoph und Inhaber des Erich J. Lejeune Lehrstuhls an der Hochschule für Philosophie in München. Christian Herwartz ist Arbeiterpriester in Berlin-Kreuzberg. Hermann Kügler ist Pastoralpsychologe und Leiter der »Orientierung Leipzig«.

Bibliografie
Unheilige Macht – Der Jesuitenorden und die Missbrauchskrise
204 Seiten, kartoniert
ISBN 978-3-17-022503-9
Preis: EUR 22,90
Kohlhammerverlag

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Bilder von uns, Theaterstück von Thomas Melle

21. Januar 2016
Uraufführung des Stücks „Bilder von uns“ von Thomas Melle im Theater Bonn

Foto: Theater Bonn
 
22. Januar 2016
Wenn sich die Opfer von innen zerfressen
Thomas Melles Stück ist Fiktion. Aber es tun sich auch Parallelen zum Missbrauchsskandal am Aloisiuskolleg auf
Von Ebba Hagenberg-Miliu
 
Thomas Melles Stück ist Fiktion. Es erzählt Geschichten des Machtmissbrauchs an Schwachen da weiter, wo sich die Täter längst davongemacht haben und die Opfer sich von innen her zerfressen. Und das kann überall handeln: bei den Regensburger Domspatzen, in der Odenwaldschule, in Familien, auf der Kölner Domplatte, überall da, wo Menschen Menschen Gewalt antun. Ursprünglich habe er deutlicher vom Faktischen des Skandals an seiner eigenen Schule Aloisiuskolleg (Ako) abweichen wollen, erklärte Melle in meinem GA-Interview. Aber dann habe er sich gesagt: „Warum eigentlich? Es ist doch alles genau der richtige Rahmen für den Kampf, den ich beschreiben will.“ Und wirklich: In der Story dieser Beispielschule ist fürs Stück alles da, was der Dramatiker braucht. Und Melle hat zugegriffen, sei es aus den eigenen Ako-Erinnerungen, sei es aus den Aufklärungsberichten oder den im Buch „Unheiliger Berg“ dokumentierten Texten der Opfer.
 
Das „Franz-Xaver-Kolleg“ des Theaterstücks ist auch das Ako. Seine „langen Fluchten, Marmorstatuen, Marmorböden“ sind gleich denen der Internatsvilla Stella Rheni, wo der „Pater Stein“ des Stücks jeden Morgen im Keller nackt  „mit halber Erektion“ die kleinen Internatsjungen kalt abduscht – „unbedingt“, wie Melle sagt, ist sein Pater Stein mit dem Ako-Hauptbeschuldigten der 1970er bis 1990er Jahre, Pater Ludger Stüper, zu vergleichen. Der habe sich seit den 1960ern ein „Fürstentum“ aufgebaut, in das er möglichst die Jungen mit den „Barbourjacken“ lädt, so Melle.
Die real geschehenen Segelfahrten mit den „Lieblingen“ klingen im Theaterstück an, die Saunabesuche, die Rituale des „Knechtens“, das perverse Zäpfchensetzen – und der Missbrauch, die Vergewaltigungen. In die enge Putzkammer sperrt sich der Pater mit dem Opfer ein, grunzend atmend wie vom realen Opfer dokumentiert. Wer sich nicht beugt, fliegt ohne Abschluss vom Kolleg. Denn der Pater hat schon neue Lieblinge im Blick, deren Mütter er überzeugt, auch vom direkten Umfeld aus den Sohn ins Internat zu schicken. Alles das hat direkte Ako-Parallelen. Melle spricht vom „systematischen und jahrzehntelang währenden Missbrauch auf mehreren Ebenen und in den vielfältigsten Formen“, auch das durchaus der realen Analyse gleich.
 
„Der perverse Geistliche“, so Melle, fotografiert die Kinder zudem nackt, wie in der Ako-Historie auch im Stück „fürs Jahrbuch“, für seine „Privatsammlung“, für die Wände der Internatsvilla, die selbst die Eltern kritiklos betrachten. Und um diese Bilder sowie das, was sie in den Fotografierten auch nach Jahrzehnten auslösen, kreist Melles Story. Auch da kann der Autor mit Bausteinen des realen Geschehens arbeiten. Etwa mit der Angst der Betroffenen, Ex-Mitschüler „Matuschka“, der damals Schlüssel zum Geheimarchiv des Paters hatte, könne ihre Nacktbilder ins Internet gestellt haben: 2008 wurde Ex-Schüler Matthias von W. in den USA wegen Besitzes von digitalen Kinderpornobildern verhaftet.
Melle baut den realen „Brief der 500“ prominenten Ex-Schüler ein, den sie 2010 in den großen deutschen Medien platzierten, der ihren betroffenen Mitschüler aber sozusagen den Dolchstoß versetzte.  
Die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenodens (Ursula Raue) kommt vor, wie sie das Geständnis des Paters, pädophil zu sein, in „kopfpädophil“ verniedlicht. Das Schüsselwort in der Ako-Analyse der Betroffenen vom „pädophilen Himmelreich“ schwebt über Melles Stück ebenso wie die damaligen Schlagworte der Boulevardpresse von den „Patres der Schande“. Und nicht zuletzt wird das Thema Suizide ehemaliger Ako-Schüler aufgenommen: Das Buch „Unheiliger Berg“ machte den letzten bekannten Versuch von 2013 bekannt.
Anmerkung:
Ich war mit drei Betroffenen, die auch in meinem Buch „Unheiliger Berg“ schrieben, in der Uraufführung eines brillanten Stücks. Melle hat das sich (gegenseitig) Zerfressen der Opfer in atemberaubenden Dialogen und einer schlüssigen Szenenfolge auf den Punkt gebracht. Die ganze Tragik von Menschen, die, ob sie es wollen oder nicht, auch nach Jahrzehnten noch von der Willkür der Täter schwer gezeichnet sind und dann plötzlich selbst Schuld auf sich laden, kommt verdichtet auf die Bühne. Alice Buddeberg hat mit sensibler Hand präzise inszeniert. Die karge Bühne reichte völlig aus, denn die bildreiche und gleichzeitig pointierte Sprache Melles füllte den Saal. Die Schauspieler waren durch die Bank überzeugend. Die drei Betroffenen erkannten in den Rollen schmunzelnd die Palette der so typischen Ako-Mitschüler wieder.

Es war für mich, es war besonders für die drei Betroffenen ein denkwürdiger Abend, vor dem sie sicher auch Ängste hatten. Doch Melle hat die Betroffenen an keiner Stelle bloßgestellt. Er hat ihre im „Unheiligen Berg“ formulierte Leidensgeschichte zitiert, hat sie weitergesponnen und ein neues, ein eigenes Drama daraus entwickelt. Aber er hat immer den Respekt vor den Menschen behalten. Dafür bin ich Thomas Melle sehr dankbar. Möge das Stück die Diskussion um die Folgen jeglichen Machtmissbrauchs in neue Bahnen lenken. Mögen wir weiter dabei kommen, nicht immer nur die Täter, sondern die Opfer und die Aufgabe der Prävention in den Blick zu nehmen. Oder wie es ein Protagonist bei Melle ebenso wie im „Unheiligen Berg“ sagt: „Ich bin nicht verjährt.“

 

 
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Erklärung des Aloisiuskollegs 10.11.2015

Erklärung des AKO final Jan 2016-1.pdf

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Aus welchem Kontext (Erfahrungshintergrund) sprechen wir über das Thema

Das Thema sexueller Übergriff und das Thema Machtmissbrauch hat eine Geschichte in mir wachgerufen und es wird sich in meinem Leben fortsetzen. Oft merke ich erst in den alltäglichen Kontakten anderswo, was ich jetzt neu sehe.

Bei den Mahnwachen vor der Abschiebehaft kommen Menschen zusammen, die sich gegen diese unmenschliche Praxis wehren: Die Insassen sind dort inhaftiert, ohne dass ihnen eine Straftat vorgeworfen wird. Das höchste Gut, dass der Staat schützen soll, wird ihnen entzogen, die Freiheit und sie sollen oft in schwierige menschliche Situationen und Gefährdungen abgeschoben werden. Wenn ihnen ein Rechtsanwalt finanziert wird, können meist 60% der Insassen frei kommen.
Doch nicht genug: Wir haben in Berlin schon mal 50 Menschen aus Indien dort vorgefunden. Aber Indien verweigert Abschiebehäftlingen die Einreise. Die freiwillige Rückkehr ist den Indern wichtig. Warum werden sie festgehalten? Macht die Regierung eine Verbeugung vor rassistischen Stammtischen, an denen mögliche WählerInnen sitzen? Und: Ich habe Gefangene aus Indien erlebt, die im Sommer sofort nach der Einreise festgenommen wurden, bekleidet mit einer Turnhose und einem Hemd. Im Januar wurden sie gegen 22 Uhr entlassen, am Stadtrand von Berlin, wo das Gefängnis liegt, immer noch bekleidet mit dieser Turnhose und einem Hemd. Sie mussten in den kalten Monaten auf der Zelle bleiben, weil sie für den Hofgang nicht ausreichend bekleidet waren. Und jetzt waren sie entlassen in der ihnen fremden Stadt ohne Geld. Sie hätten mit der Straßenbahn schwarz fahren müssen. Und wohin sollten sie sich wenden? Die Behörden brauchen einige Tage, die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfen zu veranlassen. Nichts war vorbereitet trotz der langen Haft.

Das ist nur ein Beispiel, dass uns entschieden gegen dieses Gewahrsam Stellung nehmen lässt. Und doch bemerken wir , dass wir dies in unserem Alltag nicht immer tun, weil wir für die Auseinandersetzung über dieses Thema zu müde sind oder aus einem anderen Grund. Was sagen wir dann spontan? Diese Antworten haben wir auf große Tafeln geschrieben und sie uns an einem Faden um den Hals gehängt. So haben wir uns vor die Mauer gestellt und haben die Meditation in der Mitte der Mahnwache befruchtet.

Mahnwache vor der Abschiebehaft in Berlin Köpenick

Wie kommt das Thema Machtmissbrauch in Eurem Leben vor und wie können diese Erfahrungen in der weiteren Auseinandersetzung helfen? Diese Frage habe ich an die BesucherInnen dieser Webseite. Für die Antworten öffne ich ein Antwortfenster. Antworten, die sich nicht auf diese Frage beziehen, werde ich lesen, die Anregungen wahrnehmen und vielleicht auch drauf antworten, sie aber nach den Erfahrungen der letzten Monate dann löschen.

Zwei Antworten möchte ich als Beispiele nennen:

Klaus Mertes wurde von einem nichtkirchlichen Verlag gefragt ein Taschenbuch zum Thema Kirche zu schreiben. Er nahm den Auftrag an und wollte sich fragen, wie kann ich über die Kirche schreiben nach dem Skandal des sexuellen Übergriffes an jungen Menschen. Das Buch wurde von dem Verlag nicht angenommen, weil er das antikirchliche Glaubensbekenntnis nicht ausreichend bedient hat. Das Buch wird nun im Herbst im Herderverlag mit folgendem Titel erscheinen: Verlorenes Vertrauen.

Christian Herwartz wurde 2008 von einem kirchlichen Verlag um ein Taschenbuch gebeten: Was sehe ich von der Naunynstraße aus (wo ich wohne) und mit meinen Erfahrungen in der Fabrik oder im Kontakt mit Ausländern? Ich fragte Sabine Wollowski und wir nahmen den Auftrag an. Als die Hälfte geschrieben war wurde der Verlag umstrukturiert und es bestand kein Interesse mehr an dem Buch. Sabine schrieb es zu ende und wir boten es anderen Verlagen an. Kein Interesse. Ursula Richard interviewete mich zu ihrem Buch „Stille in der Stadt – Ein City-Guide für kurze Auszeiten und überraschende Begegnungen“. Ihr erzählte ich von unserem Manuskript im „Keller“. Sie las es und will es nach einigen Überarbeitungen im Sommer verlegen. Bei der Aktualisierung antwortete ich der geschärften Wahrnehmung nach dem intensiveren Kontakt mit den Opfern. Dieses Thema war mir nicht neu, aber es hatte einen neuen Geschmack bekommen.

Welchen Anregungen sollten auf dieser Webseite nachgegangen werden?

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Die „Täterzahl“ – eine Anfrage

Bei einem Abgleich der Anzahl Täter – mutmaßliche Täter ist mir aufgefallen, dass diese Zahlen aus den unterschiedlichen Dokumenten: Raue Bericht 27. Mai 2010, Raue Bericht 15. Februar 2011, Zinsmeister Bericht und Angaben Pater Kiecfhle in dem Buch „Unheilige Macht“ erheblich voneinander abweichen.

So schreibt Pater Kiechle in dem Buch „Unheilige Macht“ Seite 16: „Als mutmaßliche Täter in einem breiten Spektrum sehr unterschiedlicher Vergehen wurden bis heute
60 Jesuiten benannt.“

In seinen weiteren Ausführungen dazu gibt Pater Kiechle dann aus den Untersuchungs-berichten dezidierte Zahlen an: Raue Bericht 13 Jesuiten und Zinsmeister Bericht
16 Jesuiten. In der Summe sind das 29 Jesuiten, also 31 Jesuiten weniger, als in der Zusammenfassung s.o..

Aber auch die von Pater Kiechle angegebe Zahl Raue Bericht 13 und Zinsmeister Bericht 16 weicht von den in diesen Berichten nachzulesenden Zahlen ab: Raue Bericht 27. Mai Seite 3 und folgende gibt für die Schulen Canisius Kolleg, Büren und ohne Zuordnung  insgesamt 6 Täter an (Canisius Colleg 4 Täter, Büren und ohne Zuordnung je 1 Täter).
.
Raue Bericht 15. Februar 2011 Seite 2 und folgende gibt für das Kolleg St. Blasien 12 Täter an.
In der Summe ergibt das aus den beiden Raue Berichten 18 Täter (Pater Kiechles Angabe 13 Täter).

Zinsmeisterbericht Seiten 37 ff + 49 ff + 52 ff gibt für das Aloisiuskolleg  14 + 4 + 3, also in der Summe 21 an (Pater Kiechles Angabe 16 Täter).

Bitte erklären Sie uns die erheblichen Abweichungen dieser „Täterzahlen“.
1.        Abweichung Raue Berichte + Zinsmeister Bericht 39 –
Pater Kiechles Angabe 60 Täter
2.        Abweichung Raue Berichte 18 Täter, Pater Kiechles Angabe 13 Täter
3.        Abweichung Zinsmeister Bericht 21 Täter, Pater Kiechles Angabe 16 Täter

Ins Besondere interessiert uns die Abweichung zu Pkt. 1 (Raue Berichte + Zinsmeisterbericht 39 Täter – Angaben Pater Kiechle 60 Täter)

Die Vermtung liegt nahe, dass der Orden noch zusätzlich eigene Untersuchungen angestellt hat. Das ist ja auch durchaus in Ordnung so. Nicht in Ordnung allerdings ist, daß es dann offensichtlich weitere (nur dem Orden zugängliche) Dokumente gibt (Consult Berichte, Personalakte, Schriftverkehr, etc.), die, wenn es so ist den Untersuchungsteams vorenthalten wurden.

Mit besten Grüßen
Rudolf Jekel

Gut beobachtet.
Die unterschiedlichen Zahlen kommen zustande durch die unterschiedlichen Interessen.
Frau Raue und Frau Zinsmeister untersuchten den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen. P. Kiechle nimmt auch die anderen Vorwürfe in den Blick, die nicht-sexualisierten Übergriffe oder die sexualisierten Übergriffe gegen Erwachsene, auch wenn sie nicht strafrechtlich relevant sind. Daher die höhere Zahl von Tätern. Auch da gibt es Betroffene mit denen Kontakt gesucht wurde, die aber oft keine Veröffentlichung ihrer Geschichten wünschen.

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2013-02-25 Wegsuche mit Juristen

Sehr geehrter Herr Seibert und Herr Sehr,

ich kann Ihr Anliegen gut verstehen: Jeder soll sich gegen Unterstellungen und Beleidigungen schützen können. Dem stimme ich ganz und gar zu, obwohl ich es lieber sehe, wenn ich das nicht juristisch vor dem Staat einklagen muss. Auch Sie haben mit Ihren Mitteln nicht so viel Erfolg, da das bei mir Gelöschte anderswo zu finden ist. Das Internet ist nicht so vergesslich wie der einzelne Mensch.

Ihre Einlassungen werden gerade aufmerksam mitgelesen, denn was kann jetzt noch gesagt werden? Kann jemand unter dem von Ihnen vorgegebenen Bedingungen noch eine Untersuchung machen und sie veröffentlichen? Denn es müssen ja Namen veröffentlicht werden. Und wenn es Fantasienamen sind, dann dürfen die wirklichen Namen nicht auffindbar sein. Herr Sehr, Sie sind sogar der Ansicht, dass auch dann eine Beleidigung vorliegen kann, wenn kein Name genannt wird, weil er durch die Suchmaschinen ermittelbar sei, so schrieben Sie mir in Ihrer ersten Anzeige.

Wir stehen kurz vor der Veröffentlichung einer Untersuchung über die Ereignisse im AKO. Herr Sehr, Sie bezeichnen sich als Opferanwalt und fordern Aufklärung ein. Herr Seibert, Sie wehren sich, als Täteranwalt angesehen zu werden, weil Ihr Mandant noch keine Verurteilung einstecken musste. Sie haben beide legitime Interessen. Gibt es da noch einen Freiraum, ein Untersuchungsergebnis ohne die Anklage durch einem von Ihnen vorzubringen? Diese Situation verbreitet Angst und fordert auf zum Schweigen. Das ist sicherlich nicht in Ihrem Wahrheitsinteresse.

Wie kann es weiter gehen mit der Aufklärung im AKO?

Sehen Sie einen Weg aus dieser Umklammerung auszubrechen und dem betroffenen Bürger die Möglichkeit zu geben, selbst Erlebtes auszusprechen?

Ich wäre sehr froh, wenn Sie sich einmal zusammensetzen und uns allen einen Weg zeigen würden, der die Würde des Einzelnen achtet und auf dem Wahrheitsfindung möglich ist.

Mit freundlichen Grüße
Christian Herwartz

Herr Seibert hat sofort am 25.2.13 mit einer Mail geantwortet:

Bitte werfen Sie mich nicht in einen Topf mit dem mir persönlich unbekannten Rechtsbeistand Sehr. Ich sehe keine Gemeinsamkeiten.

Zu Ihrer Frage:

In Falle Knüttgen ist Ihr Ausgangspunkt leider falsch. Knüttgen wurde in Sachen Missbrauchsvorwürfe noch nicht einmal angeklagt. Sämtliche Verfahren wurden eingestellt. Die Vermutung anzudeuten ist schon eine Verletzung der nun einmal europarechtlich und nach deutschen Recht verbindlichen Unschuldsvermutung. Eine öffentliche Erörterung oder Wiederholung dieser Vorwürfe ist somit schlicht unzulässig. Es kann und darf neben der staatlichen Justiz keinen privaten Pranger geben, in dem jeder nach Lust und Laune und tunlichst noch anonym Vorwürfe verbreiten kann, die rechtlich erledigt und von diesen seltsamen angeblich an Wahrheit interessierten Anonym nicht zu beweisen sind. Anonyme Briefe gehörten früher in den Papierkorb. Anonyme Beleidigungen im Internet sind ein Zeichen von erbärmlicher Feigheit. Wer etwas zu sagen hat, soll es im eigenen Namen sagen und verantworten. Die Grenzen hoffe ich aufgezeichnet zu haben.

Ob die von Ihnen angekündigte Untersuchung verbreitet werden darf – öffentlich, außerhalb des privilegierten Bereichs -, wird man ggf. sehen. Ich halte eine Wiederholung der Vorwürfe, in welcher Form auch immer, soweit sie über die unmittelbaren Auftraggeber hinausgeht, für unzulässig. Mehr als Voyeurismus kann eine solche Breitseite auch gar nicht sein. Man sollte das nicht zu bemängeln versuchen.

Aus welchem Grund sollen Menschen, die von sich behaupten, Opfer geworden zu sein, ihre Version verbreiten dürfen, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn die Geschichte nicht stimmt – s. Beweislast – und – was es rechtlich auch gibt – selbst wenn sie zuträfe, beispielsweise wegen der Unschuldsvermutung unzulässig wäre? Die „Rechtswohltat“ der Verjährung berücksichtigt u.a. die Erfahrung, dass das Erinnerungsvermögen der Menschen nach Jahren nicht mehr zuverlässig ist.

Für die Aufarbeitung der Missbrauchsproblematik braucht es saubere Aufklärung – audiatur et alters pars – und sensiblen Umgang mit den Daten. Niemand sollte den Eindruck erwecken wollen, eine hemmungslose Veröffentlichung der „Untersuchungsergebnisse“ gehöre zur Wahrheitsfindung. Man kann, wenn man die Grenzen nicht erkennt, neue Opfer schaffen. Das Internet ist zur ehrlichen und verantwortungsvollen Aufarbeitung komplexer Vorgänge ungeeignet. Dass es ist nicht so vergesslich ist wie der Mensch, bedeutet auch, dass Lügen im Internet gefährlich lange Beine haben. Daran sollte man sich nicht beteiligen. Immerhin haftet Jeder für das, was er in diesem Bereich tut. Ich freue mich beispielsweise auf den Tag, an dem jene Barbara Lehmann erkennbar wird. Die Dame nur als Beispiel.

MfG

Seibert

Ich antworte darauf:

Nun, auch wenn ich bei Herrn Sehr und Ihnen einen unterschiedlichen Stil wahrnehmen kann, sind Sie beide für mich rigoros argumentierende Juristen, bei denen ich erst einmal wenig Verhandlungsbereitschaft wahrnehme. Das ist Ihre professionelle Rolle, die ja auch große Vorteile hat.

Trotzdem wird sie der Wirklichkeit nicht gerecht. Sie haben mein Beispiel des Flüchtlings, der durch die ganze Stadt Berlin gefahren wird aber juristisch gar nicht in der Stadt war, einfach vom Tisch gewischt. Doch für mich ist die Situation hier ähnlich: Ein Gutachter – der sensibel mit den Daten umgeht, wie Sie mit Recht fordern – hat im Auftrag des Ordens auf die Menschen gehört, die im AKO eine schmerzhafte Erfahrung gemacht haben und weiter davon gezeichnet sind. Darf er sie aufschreiben und veröffentlichen oder sagen Sie als Jurist mit der achtenswerten Unschuldsvermutung: Den zeige ich im Auftrag meines Mandanten sofort an, denn das ist nach meinen Konstruktionen von Wahrheitsfindung nicht erlaubt?

Die Wirklichkeit ist größer, als eine Wissenschaft fassen kann. Gibt es eine Bescheidenheit bei Juristen vor dieser größeren Wirklichkeit?

Ich schätze an den Juristen, das sie nicht zweimal verurteilen, Unschuld schützen, …wollen. Doch allen anderen Wirklichkeitserfassungen ein rigides Korsett anlegen zu wollen, empfinde ich als über-griffig und als Zeichen mangelnden Respektes.

Dahin gehört für mich auch die Art der Infragestellung der Opfer, sie in Ihrem Schreiben vorsichtshalber weitgehend als unglaubwürdig hinzustellen. Da folgen Sie einer häufig schmerzhaften juristischen Praxis, wie sie vergewaltigte Frauen vor Gericht erleben bis hin zu Jesus, der vorsichtshalber von seinem Richter zur Folter freigegeben wurde. Er wurde trotz Unschuld hingerichtet.

Mit dieser Erfahrung lese ich in Ihrem höflichen Stil die rigiden Sätze der versteckten Anklage. Vielleicht würden Sie eher das Gegenteil schreiben, wenn Sie einen Menschen verteidigen würden, der Opfer geworden ist.

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2013-02-21 Ein neues Schreiben …

… von Herrn Sehr ist heute eingetroffen. Mit dem ausdrücklichen Verbot, es hier zu veröffentlichen. Es enthält eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichtes Bonn.
Auch die darf ich nicht veröffentlichen.

Das ist für mich verwunderlich, denn ich dachte immer, dass ein Gericht eine öffentliche Einrichtung ist, deren Schreiben auch allen zugänglich gemacht werden dürfen. Aber ich will mich hier nicht lange daran aufhalten, ob es ein berechtigtes oder ein unberechtigtes Verbot von Herrn Sehr ist. Ich respektiere es.

Der Antragssteller hat ohne gerichtliche Verhandlung die Dringlichkeit glaubhaft gemacht und das Gericht veranlasst, mir die Kosten aufzuerlegen und eine Ablusserklärung zu unterschreiben. In ihr soll ich ich vorbehaltlos die einstweilige Verfügung als rechtsverbindliche Regelung anerkennen und auf das Recht verzichten, Widerspruch einzulegen, sowie bei Gericht die Anordnung der Klageerhebung oder Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu beantragen.

Aber worum geht es denn?
Mir wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr und auch sonst etwas zu behaupten, was ich nie behauptet habe und was hier auf dem Blog auch nie behauptet wurde. Ich habe es auch nicht vor zu behaupten. Also könnte ich die Abschlusserklärung des Gerichtes guten Gewissens unterschreiben.

Doch welches Interesse mag der Antragssteller und sein Prozessbevollmächtigter Herr Sehr haben und in welche Streitigkeiten ziehen sie das Gericht hinein? Welche Auseinandersetzungen auf dem Blog wollen sie verhindern?

Einer von meinen Mitbrüdern ist nach Bonn gefahren und hat bei den Betroffenen nachgefragt, welche geldlichen Forderungen ihnen durch die Rechtsstreitigkeiten in den letzten drei Jahren entstanden seien. Mit zwei Personen hat er gesprochen und ein Protokoll angefertigt.  Drei der  verantwortlichen Personen fragte er um Rat und um eine Lösung dieser Problemesausfindig zu machen. Diese interen Weitergabe ist jetzt die Anklagebegründung.

Wer hat ein Interesse, dass die aufgelaufenen Probleme nicht gelöst werden, damit die Feindbilder weiter bedient werden können? Oder anders gefragt, was soll von den Hintergründen im AKO-Pro nicht aufgedeckt werden? In welchen Diensten stehen diese Rechtshändel? Was ist das zu schützende Gut?

Christian Herwartz

Heute morgen 26.2.13 habe ich die Sendung des Gerichtsvollziehers mit dem Schreiben des Amtsgerichtes vorgefunden.

Ich habe am 27. 2. 2013 Widerspruch eingelegt.

Ganz ähnlich hat eine andere Person Klage in Essen gegen mich eingereicht und mir am 6.3.2013 Mitteilung gemacht. Auch in diesem Verfahren will ich Widerspruch einlege.

Damit bin ich jetzt in Bonn und Essen Angeklagter und sollte vorsichtig sein, weil jede weitere Aussage von mir hier auf dem Blog gegen mich genutzt werden kann. Ich liebe das offene Gespräch. Doch es ist nur in Räumen des Vertrauens möglich. Einem Angeklagten ist ein Misstrauen gegenüber ausgesprochen worden. Das verändert die Situation schlagartig. Ich will die Situation respektieren.

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2013-02-18 Brief an einen Juristen

Sehr geehrter Herr Seibert,
Sie vertreten Herrn Knüttgen und haben hier auf dem Blog einige Löschungen veranlasst. Gern hätte ich Ihre höflichen Schreiben hier dokumentiert. Doch dann stünden alle kritisierten Stellen wieder auf dem Blog.
Sie haben bisher den außergerichtlichen Weg gesucht. Dafür bin ich Ihnen dankbar.

In ihren Schreiben wird eine bedrohliche Sicht benannt:

Nur das darf gesagt werden, was vor einer gerichtlichen Prüfung Bestand hat. Alles andere ist üble Nachrede.

Diese pragmatische juristische Sichtweise ist eine Hilfe im täglichen öffentlichen Umgang. Doch sie ist auch eine die Wirklichkeitserfassung einschränkende oder in bestimmten Zusammenhängen sogar verdrehende Sichtweise. Sie braucht wie andere Wahrnehmungsarten Konstrukte. Ein Beispiel: Wenn ein Flüchtling in Berlin in Tegel landet und durch die ganze Stadt in das Gefängnis auf dem anderen Flughafen gefahren wird, dann war er nie in Deutschland, weil Juristen das Fahrzeug als exterritorial erklärt haben. Menschen, die ihm auf der Fahrt zugewunken haben, sehen den Vorgang mit Recht anders. Was ist jetzt wahr? Der juristische Blick oder der des Passanten in der Stadt?

Die Antwort kann für den Flüchtling lebensbedrohlich sein. Viele der juristischen Konstrukte haben einschneidende Folgen für die Betroffenen. Sie schreiben: „Verjährungen sind zu respektieren.“ Es ist egal, weshalb die gerichtliche Untersuchung abgebrochen wurde. Ja, es gibt eine Grenze für die juristische Aufarbeitung. Aber es ist keine Grenze der Schmerzen von Opfern und es ist keine Grenze für die Aufmerksamkeit gegenüber bestehenden Veranlagungen. Darf man diese nicht mehr benennen, weil dann der Beobachtete die Richter auf seiner Seite hat, die den Beobachtenden verurteilen? Muss erst eine Straftat vorliegen, damit ein juristisch denkender Mensch wieder vor die neue Wirklichkeit treten kann?

Auch in der Theologie gibt es Konstrukte, um vereinfachend über die Wirklichkeit sprechen zu können. Kein Mensch kann positiv sagen, wer Gott ist. Die Theologen beschreiben, wer er nicht ist. Selbst der Name Gottes ist unaussprechlich, wie der dem christlichen vorausgehenden jüdische Glaube weiß. Trotzdem wollen wir auf das Geheimnis hinweisen, das die Welt, das Leben zeugt, und benutzen das Wort „Gott“. Wir bringen unsere Erfahrungen mit diesem Geheimnis in Beziehung. Die Bibel und die Kirchengeschichte ist voll solcher Erzählungen. Gern suchen Theologen und Kirchenvertreter die Auslegungshoheit.

Ähnlich geht es wohl den Juristen mit dem Wort „Gerechtigkeit“. Wie dürfen sich Menschen dieser Sehnsucht nähern, ohne von Juristen erfolgreich vor Gericht gezogen zu werden? Das ist eine echte Frage. Welche Antwort geben Sie da jetzt im konkreten Fall den Opfern des sexuellen Missbrauchs?

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin einmal angezeigt worden; durch einen Fehler des Rechtsanwalts wurde eine Frist nicht eingehalten. Er hat vor Gericht die Schuld auf sich genommen. Doch ich war trotzdem verurteilt und habe meine recht kurze Gefängnisstrafe abgesessen. Auch der Petitionsaus-schuss des Parlamentes hat dieses offensichtlichen Unrecht abgesegnet. Die Zeitungen haben davon berichtet. Solche Fehlverurteilungen sind system-immanent, wie ein Richterratschlag feststellte. Ja, es gibt wohl keine ausreichende interne Fehlerbehebung in der Justiz. Ich will gar nicht auf die Nichtverurteilung der Juristen nach dem 3. Reich usw. abheben. Insgesamt werden aus meiner Sicht eher kleine Vergehen hart bestraft, während die großen Straftaten oft nicht einmal verhandelt werden.

Je reicher ein Mensch ist, desto mehr rechtlichen Auslegungsverstand kann er/sie kaufen. Die Folge ist, dass weniger Bemittelte – auch wenn sie Recht haben – kein Recht bekommen, ja, wie ich bei Gefängnisbesuchen erlebt habe, selbst bestraft werden.

Diese Tatsache werden Sie ähnlich sehen. Können Sie darüber irgendwo reden und eine Entwicklung in der Rechtsprechung anstoßen, die eine etwas gerechtere Situation fördern könnte? Wie können Sie den Opfern von Gewalttaten wie sexuellen Missbrauch antworten, die ihre Erfahrungen ja nicht ausblenden können sondern davon sprechen müssen? Auch wenn Sie in Ihrem Brief parteiisch für Ihren Mandanten sind, darf Ihr Blick auf das bestehende Unrecht nicht ganz auf diese Sichtweise eingeschränkt bleiben.

Ich habe noch keine Einzelperson vor Gericht gezogen und werde es hoffentlich auch nie tun. Mir ist es sehr peinlich, wenn Mitbrüder oder kirchliche Würden-träger dies tun und wenn die Angezeigten mit Schulden zurückgelassen werden.
Doch zur Abwehr von Verbrechen wäre es auch für mich angesagt.
Gefängnisse sind eher eine Schule, auf neue
Straftaten vorbereitet zu werden. Die gewaltsame Ausgrenzung von Menschen fördert selten den Frieden. Doch manchmal gibt es Bekehrungen auch an diesen gewaltsamen Orten. Noch schwieriger gestaltet sich die Rückkehr der Inhaftierten in die Gesellschaft, die ja auch ein Ziel der Justiz ist. Wie oft höre ich: „Einmal Mörder immer Mörder!“ oder so ähnlich. Die Justiz will aus diesem Denken herausführen. Wie stellt sich die Justiz der Verantwortung, die Folgen auch ihres Handelns zu überwinden?

Mich beeindruckt ein Gefängnis in Brasilien, das christlichen Gruppen übergeben wurde, wo der Rückfall in ein gesellschaftsschädigendes Verhalten wesentlich geringer ist, weil die Verurteilten Mitsprache haben und die Familien nicht mit bestraft werden, wie dies in Deutschland üblich ist. Siehe Anhang.

Auch ich klage zur Zeit eine staatliche Institution vor Gericht an, die die Meinungsfreiheit beschneidet. Dabei habe ich ein Vorbild. Auf dem Frankfurter Flughafen wollte eine Gruppe im Terminal demonstrieren. Sie bekamen Hausverbot. Vier Jahre verloren sie vor jedem Gericht, bis der Fall nach weiteren vier Jahren beim Bundesverfassungsgericht lag, dass der Klage entsprach. Jetzt müssen wir in Berlin nochmals diese Ochsen-Tour gehen, weil das im letzten Jahr eröffnet Abschiebegewahrsam auf dem noch nicht eröffneten Flughafen Willi Brand nicht in der Nähe eines einladenden Cafés liegt. Auf dem „Privatgelände“ – Besitz des Bundes, Berlins und Brandenburgs – ist die Öffentlichkeit, die sich mit vielen Gruppen deutlich gegen das Unrecht des Flughafenverfahres ausgesprochen hat,  wieder einmal ausgeschlossen, ähnlich wie in Guantanamo auf Kuba die Bevölkerung der USA die Menschenrechts-verletzungen nicht sehen soll.

Diese Prozesse sind zur Weiterentwicklung unseres Rechtssystems wohl immer wieder nötig. Wie kann das auch bei den hier auftauchenden Fragen denkbar sein? mehr: http://flughafenverfahren.wordpress.com/

Im Zentrum der Christlichen Erzählung steht ein Hinrichtungsprozess. Pilatus lässt Jesus foltern, obwohl er von seiner Unschuld überzeugt ist. Diese Quälerei erlebe ich auch heute häufig im Umgang mit juristischen Problemlösungen. Das Quälen mit einer unverständlichen Sprache ist dabei das kleinste Übel. Dann kommt die Wahrheit heraus: unschuldig. Aber die Verurteilung muss trotzdem erfolgen, denn die Interessen stehen gegen die randsändigen Leute, die gesellschaftlichen Opfern, mit denen sich Jesus verbündet hat. Im Prozess gegen ihn siegt die Angst, das staatlichen Image zu beschädigen und damit die Zustimmung des Machtapparates zu verlieren, repräsentiert durch den Kaiser. Zum Glück leben bei uns nicht alle Richter in dieser Angst vor dem Volk. Dann kommt die juristisch begründete Ausgrenzung: die Hinrichtung Jesu. Dieser Schritt in die Vernichtung ist in Deutschland überwunden. Aber die Ausgrenzung wird oft weiter als Heilbringer eingesetzt.

Ich bin sehr interessiert von Ihnen nicht nur Verbotsbriefe zu bekommen sondern ein Mitdenken für die anstehenden Probleme hinsichtlich der Achtung der Menschen, die von den Verbrechen sexuellen Missbrauchs betroffen sind.

Hochachtungsvoll

Christian Herwartz

Anhang:
APAC Artikel 2012.07.-1

Antwort von Herrn Seibert am selben Tag:

Das lässt sich sicher alles philosophisch oder auch theologisch diskutieren. Das man aber kein falsch Zeugnis über den andere reden sollte, gehört wohl zum Grundbestand. Nicht Alles, was Menschen erzählen oder anzeigen, stimmt. Vieles ist gelogen. Wer der Lügner ist können weder Sie noch ich wissen. Wir sollten aber im Umgang mit solchen von uns nicht überprüfbaren Berichten/Gerüchten besonders vorsichtig sein. Wir wollten wir denn sonst damit umgehen, wenn sich nachher ergibt, dass die Beschuldigungen, die wir – aus welchen Grünen auch immer – für wahr gehalten und sogar weitergegeben haben, erlogen waren? Gutmachen lässt sich das nicht.

Ich finde mich daher nicht juristisch mit der Unschuldsvermutung gut aufgehoben. Strafrechtlich relevante Vorwürfe dürfen von der Presse und wohl auch von allen weiter berichtet werden, wenn man sich an die Regeln der Verdachtsberichterstattung hält. Von mehr als einem Verdacht können wir in der Regel nicht wissen. Wenn aber die strafrechtliche Bewertung abgeschlossen ist, dann steht es niemandem zu, den, der freigesprochen oder gegen den das Verfahren eingestellt wurde, weiterhin zu beschuldigen. Wer kann sich denn anmaßen, diese Dinge besser beurteilen zu können? Welchen Sinn macht denn das wichtige Institut der Verjährung, wenn sich jeder meint darüber hinwegsetzen zu können. Das ärgerliche – für den zu Unrecht Beschuldigten -. an der Verjährung ist doch gerade, dass ein „Unschuldsbeweis“ nicht mehr geführt werden kann.

Das zum Grundsätzlichen. Üble Nachrede ist ein Straftatbestand, der rechthistorisch natürlich an das eingangs zitierte Gebot anknüpft. Sehen Sie sich bitte einmal den Wortlaut an – es sei denn erweislich wahr. Wer übel nachredet, trägt die Beweislast! Straf- und zivilrechtlich.

Warum ist das so schwer. Ihre Tendenz, den Opfern nahe zu stehen, erkenne ich an. Ob Sie es aber in jedem Fall mit Opfern zu tun haben oder solchen, die sich als Opfer ausgeben, können Sie nur in den seltensten Fällen wissen. Ohne die Gegenseite angehört zu haben, ist selbst das unzureichend und unverantwortlich. Mit der Weitergabe von Gerüchten und Lügen ist Niemanden geholfen, auch den wirklichen Opfern nicht. Es diskreditiert sie.

Noch einmal: von welcher Wirklichkeit mit welcher Verlässlichkeit reden wir? Ihr Flughafenbeispiel passt nicht. Die Fakten sind da klar, nur die juristische Bewertung ist unterschiedlich. In den Fällen, von denen wir reden, ist im Tatsächlichen nur selten genug klar. Solange das (vermeintliche) Opfer A sagt, der (vermeintliche) Beschuldigte B, gilt die Unschuldsvermutung, so dass es geboten ist, sich zurückzuhalten (s. Beweislast).

Das im Falle Knüttgen über sein heutiges Privatleben berichtet wird, ist ohnehin schlicht unzulässig. Dass dabei auch Mails geschickt worden zu sein scheinen, deutet darauf hin, dass es Menschen gibt, die hemmungslos ein Verleumdungsgeschäft betreiben.

MfG
Seibert

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2013-02-11 Rosenmontag

Da ich, Christian Herwartz, auch rheinisches Blut in den Adern habe und einige Jahre in Brühl, Köln und Neuss zur Schule ging, am Rosenmontag vor 44 Jahren nach dem Umzug in den Orden eintrat und mein Lebensversprechen am 2. Februar, also am Tag der Ermordung von Alfred Delp aus Mannheim ablegte, freue ich mich über den Karneval, der im Widerstand gegen die Besetzermacht entstand, der die französische Armee nach-äfft und über die Fremdherrschaft lacht. Mein Großvater wurde auch von ihr nach dem 1. Weltkrieg ins Gefängnis gesteckt. Lachen ist ein Schutzmantel um die verletzte, von unterschiedlichen Machthabern bedränge Identität. Ihnen stellen sich Menschen entgegen auf Sitzungen, bei Umzügen und anderswo.

Möglichst keiner sollte aus dem lachenden Widerstand ausscheren. In diesem Druck zur Gemeinsamkeit ist wohl der Kölner Klüngel entstanden, der aber eher der eigenen Bereicherung nach dem Motto dient: Halte den Mund, da wo ich mich bereichere und ich halte den Mund, wenn du dich bereicherst. Wehe dem, der dieses auferlegte Schweigen bricht, auch wenn Unrecht geschieht.

Wer auf solche Beziehungen angewiesen ist, gefährdet sein Fortkommen, wenn er da nicht mitspielt. Es gibt auch im Rheinland Bereiche, die von diesem Klüngel nicht beherrscht werden. Aber, wo es um Geld geht, da ist es sehr schwer sich aus dem Sog des Klüngels herauszuhalten.

Nach und nach wird mir durch die Aussprache auf diesem Blog deutlich, unter welchem Druck meine Mitbrüder im Kölner Raum leben, wenn sie nicht regelmäßig ausgetauscht werden. Und manche sind dem Druck viele, viele Jahre ausgesetzt und müssen wohl irgendwie mitspielen, wenn sie Institutionen wie eine Schule, Jugendarbeit durchbringen wollen, die immer auf Spenden angewiesen sind. Manche meiner Mitbrüder leben in Bonn und Köln schon weit über die ordensüblichen sechs Jahre. Da wundert es mich nicht, dass einige von dem Klüngel eingefangen wurden.

Im Klüngel wird man mit seinen Fehlern und Eigentümlichkeiten angenommen, wenn man das auferlegte Schweigen nicht bricht und die Machtbereiche des anderen respektiert. Wehrt sich jemand gegen diese Vertuschungsstrategie, dann wird er mit vereinten Kräften ausgegrenzt – notfalls auch mit kriminelle Energie. Sie kann sich auch gegen die Familie des „Störenden“ richten.

Leuten, die Zusammenhänge aufdecken, wird das Leben erschwert oder gar zur Hölle gemacht. Sie werden vor Gericht gezogen oder es wird wie hier auf dem Blog damit gedroht. Nachfragende Gruppen sollen sich spalten, damit ihr Widerstand lächerlich gemacht werden kann. Manchmal müssen zum Ablenken Bauernopfer erbracht werden.

Ich frage heute unter dem Schutz des Karnevals: Wem treten wir mit diesem Blog in Bonn auf die Füße? Welchen Geschäften treten wir zu nahe?

Tünnes ruft den lokalen Göttern zu:
Gesagt werden muss es doch mal. Täteretä, täteretä
Mehr verrate ich jetzt nicht. Täteretä, täteretä
Aschermittwoch ist alles wieder vorbei. Täteretä, täteretä
(oder wie immer ihr gerne bestätigend rufen mögt.)

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2013-02-02 Die Verbesserung des Blogs und seine aktive Zeit

Mehrfach wurde eine Verbesserung der Blogtechnik angemahnt.

Ein Beispiel: Die aktuelle Form des Austauschs kommt mir vor wie ein einziger großer Raum, in dem alle gleichzeitig reden und nur die lautesten gehört werden. Dem gegenüber besteht ein Forum aus unterschiedlichen Räumen, in denen auch unterschiedliche Lautstärken (Regeln) herrschen können. Solche Räume könnten sein:
– ein geschützter Raum, in dem Missbrauchsbetroffene zu Wort kommen, ohne sich Vorwürfen des Sozialneids auszusetzen oder von selbsternannten OpferanwältInnen übertönt zu werden.
– Klagemauer ein Platz wo Wut, Verletzung und Betroffenheit heraus geschrieben werden können.
– Täter Betroffene schreiben, was sie den Tätern zu sagen haben.
– Mittäter Diskussion zum Thema Mittäterschaft
– Prävention Was muss / was kann geändert werden
– Termine/Veranstaltungen/Medien

– Rechtliches juristische Unterstützung

Auf solche Anfragen habe ich immer geantwortet, dass mir die Moderation eines solchen Blogs als Jesuit nicht zusteht. Sie müsste ein Betroffener oder Vertrauter übernehmen.

Für die obengenannten Idee gibt es auch Umsetzungsideen: Die Verwendung von Foren Software muss nicht teuer sein. Mehrere Softwareentwickler haben ihre Lösungen ohne Lizenzkosten der Internetgemeinde zur Verfügung gestellt. Beispiele sind:
phpBB https://www.phpbb.de/ myBB http://www.mybboard.de/
Weiterentwicklung, Support und Austausch unter Nutzern der Forumssoftware geschieht unter Verwendung eben dieser Software:
https://www.phpbb.de/community/
http://forum.mybboard.de/
So kann man einen guten Eindruck der grundsätzlichen Funktionsweise gewinnen. Es ist aber auch zu sehen wie effektiv Nutzern der Software bei Problemen geholfen wird. Nun muss die Software aber auch installiert und betrieben werden. Aber auch hier sind keine großen Investitionen erforderlich. Am besten geeignet erscheint mir die Nutzung von sogenannten Service Hostern. Hier braucht man sich nicht um die Sicherheit der Betriebsführung zu sorgen. Beispiele sind:

http://www.aixpro.de/webhosting/phpbb3-hosting/phpbb3-paketuebersicht.html
http://www.netcup.de/bestelle/produkt.php?produkt=462
für den zweiten Anbieter gibt es sogar einen Gutschein, der die Kosten weiter reduzieren würde
http://www.netcup.de/bestellen/gutschein_einloesen.php?code=160eh12805325690
Der Blog muss durch das Forum nicht ersetzt werden. Vielmehr kann diese Kommunikationsform ergänzend angeboten werden und es kann jedem überlassen bleiben, wo er kommunizieren möchte. Ein wesentlicher Aspekt von Internetforen ist ihre Moderation. Engagierte User können dabei zu Moderatoren für einzelne Themenbereiche ernannt werden. Sie achten darauf, dass die Forumsregeln eingehalten werden. So werden User, die sich beleidigend äußern, verwarnt und ggf. gesperrt. Beiträge, die nicht zum Thema des jeweiligen Bereichs (Thread) passen, werden von den Moderatoren in einen anderen Bereich verschoben. Damit bleiben die Beitragsketten auch für Dritte lesbar. In der Regel gibt es einen eigenen Bereich, in dem über den weiteren Ausbau des Forums diskutiert wird. Aber diese so wichtige Kommunikation braucht Struktur. Und Foren sind ein bewährtes Verfahren um diese Struktur in der internet-basierten Kommunikation zu gewährleisten.

Eine zweite Anfrage erreicht mich immer wieder. Sollte der Blog nicht schon längst auf Grund der Angriffe abgestellt werden? Er sei kein gutes Mittel für persönliche Kommunikation.
Ja, der Blog eignet sich nicht zum sich offenbarenden persönlichen Gespräch, das sehe ich auch so. Das ist aber nicht seine Funktion. Hier können Menschen auf offene Fragen hinweisen, die zur Umkehr herausfordern. Die zugefügten Verletzungen können – im Bild gesprochen – schreien.
Diesen Anstoß zur Erneuerung will ich nicht abstellen.
Außerdem können Ergebnisse der Aussprachen im stillen Hinterzimmer für alle sichtbar gemacht werden.
Es ist abzusehen, dass wichtige Diskussionen notwendig werden, wenn der Bintig-Bericht zum Ako-Pro – wohl erst im März – vorliegt. Er ist in Auftrag gegeben worden, um die noch fehlende Aufklärung in Bonn zu leisten. Dann können wir Jesuiten uns nicht mehr herausreden, dass noch eine Untersuchung abzuwarten sei. Dann ist das Verstecken hinter Fachleuten endgültig vorbei.
Er ist natürlich jetzt schon vorbei und der Eckige Tisch drängt berechtigterweise auf eine Antwort des Ordens und hat die für sie offenen 100 Fragen in einem Brief an den Provinzial festgehalten. Er soll sie im Namen aller beantworten.
Wir haben hier auf dem Blog schon mit der Suche nach Antworten z.B. im Blick auf Herrn Knüttgen usw. begonnen. Viele Antworten können ja nur gemeinschaftlich gefunden und dann offiziell gegeben werden.

Für mich ist ein wichtiges Kriterium für das Abschalten des Blogs, welchen Rat mir die Opfervertreter geben. Auf sie will ich vorrangig hören und nicht wieder ungehört stehen lassen.
Natürlich kann alles anders kommen als geplant.
Ich grüße mit Zuversicht
Christian Herwartz

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2013-03-06 Antwort IV-2

Heute am 6.3.13 habe ich einen Absatz dieses Artikels auf Wunsch einer Kollegin von Herrn Sehr, der sie vertritt, gelöscht. Sie wird in dem Absatz nicht genannt und war auch nicht gemeint. Sie hat auf diesem Blog auch nicht namentlich geschrieben. Ich hatte mich auf die Vorgänge auf dem Blog bezogen. Falls ich der Abmahnung nicht nachkommen würde, wolle er morgen gegen mich gerichtlich vorgehen. Sein Kürzel für den Vorgang ist: Herwartz IV-2.
Ich bin auf seinenWunsch eingegangen.

Heute habe ich die nächste förmliche Zustellung vom Amtsgericht Essen bekommen.

Diesmal wird bei Nichtbefolgen mit einem Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder einer Ordnungshaft bis zu zwei Jahren gedroht. Das hört sich gravierend an, doch es handelt sich um denselben Vorgang, wie er schon von einer anderen Person in Bonn vorgebracht wurde.

Ich will auf dieses Ablenkungsmanöver nicht weiter eingehen. Doch sie machen mir immer deutlicher, wie wenig Raum für eine Aufklärung durch die Juristen bleibt, die sich hier geäußert haben. Wie viel Geld muss bereit liegen, damit der sicherlich für die Jesuiten nicht schmeichelhafte Untersuchungsbericht in diesem Monat für ein paar Tage öffentlich gemacht werden kann? 

Christian Herwartz

2013-02-02 + 07 Einige Tatsachen, Vermutungen und Gerüchte

Das Gespräch hier auf dem Blog begann im Bonner Umfeld, in dem sich viel zusätzlicher Vertrauensverlust nach dem Aufdecken der Straftaten ansammelte.
Eine herausfordernde Ausgangssituation.

Schon bald wurde das Bemühen, aufeinander zu hören, nach einem schönen Start mit der Anfrage eines Betroffenen aus der Gruppe Eckiger Tisch angegriffen. Mehr in meinem Beitrag 1. Angriff auf den Blog.

Danach fielen Beiträge mit einer großen Ähnlichkeit auf. Sie könnten von einer Person unter unterschiedlichen Namen stammen. Als sie Informationen nutzten, die wohl aus dem Wissen des Rechtsbeistandes stammten, habe ich die dazugehörigen fünf Email-Adressen gesperrt. Ein Gegenblog unter dem Namen jesuiten wurde eingerichtet, mit Informationen und Kommentaren zur Diskussion hier. Näheres 2. Angriff auf den Blog und Der Blog ist gefährdet.

Eine heftige Eskalation im Zerschneiden des gegenseitigen Vertrauens entstand, als die Namen zweier Frauen und ihre Email-Adressen benutzt wurden, um auf dem Blog zu schreiben. Die beiden Frauen meldeten sich und sie schreiben jetzt jeweils eine begleitende Email, damit ich keine Fremdtexte unter ihren Namen freischalte.

Nach einer kleinen Pause fielen wieder Beiträge nach dem alten Muster auf. Da ich nicht ganz sicher war, löschte ich sie nicht.

…………..

Nachdem ich Sie, Herr Sehr, am Montag den 28.1.2013 bei der Buchvorstellung in Berlin sah und weiß, dass Sie diesen Blog aufmerksam lesen, frage ich hier: Was ist aus Ihrer Sicht an diesen Gerüchten wahr und welchen Aussagen wollen Sie widersprechen? Ich bitte Sie dringend zu antworten, denn ein Schweigen bestätigt vielen die Richtigkeit der oben benannten Aussagen. Diesen Prozess der Wirklichkeitserfassung kennen Sie als rechtskundiger Unterstützer der Ankläger. Er trifft nicht nur bei den Mitwissern von sexuellem Missbrauch zu, sondern nicht aufgeklärten Unterstellungen werden auch bei Ihnen zu belasteten Aussagen. Sie kennen sich damit ja aus.“

Gerne dokumentiere ich Ihre Antwort
hier mit Ihrem Namen.

 

 

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